ROTENBURG (September 2025). Es ist eine echte Erfolgsgeschichte – sowohl persönlich für Christian Friede als auch für das Jobcoaching-Team und das Team der CAFESITObar der Lebenshilfe Rotenburg-Verden. Christian Friede hat nämlich nicht nur die Ausbildung zum Fachpraktiker Küche (Beikoch) erfolgreich absolviert – er wurde außerdem als Ausbildungsbester des Abschlussjahrgangs 2025 ausgezeichnet. Ein riesiger Erfolg für den 37-Jährigen. Möglich wurde sein beruflicher Weg unter anderem auch durch das sogenannte Budget für Ausbildung.
Die CAFESITObar wird durch die Lebenshilfe Rotenburg-Verden betrieben. Menschen mit und ohne Beeinträchtigung arbeiten ganz selbstverständlich zusammen in einem Team. In das kam Christian Friede bereits 2017. Zunächst im Service, dann aufgrund seines großen Interesses in der Küche – immer engagiert und mit vollem Einsatz dabei. Seine Fähigkeiten waren schließlich so gut, dass man sich im Team fragte: Wie kann es für ihn weitergehen? Die Idee: Formell heraus aus dem Beschäftigungsverhältnis der Werkstatt der Lebenshilfe, hinein in eine Ausbildung.
Das seit 2020 bestehende Budget für Ausbildung half an dieser Stelle weiter. Dieses soll Menschen mit Beeinträchtigung den Einstieg in eine betriebliche Ausbildung erleichtern und eine Alternative zur Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) bieten. Vorbild ist das durch das Bundesteilhabegesetz eingeführte Budget für Arbeit. Im Gegensatz zu jenem zielt das Budget für Ausbildung aber auf die Erstausbildung zum Übergang in den Beruf ab.
Marco Schwandt, Teamleitung des Jobcoach-Teams der Lebenshilfe Rotenburg-Verden, nahm damals Kontakt zur Eingliederungshilfe des Landkreises Rotenburg auf, wo die Rahmenbedingungen für das Vorhaben und deren Umsetzung besprochen wurden. Der Landkreis übernahm als Maßnahmenträger die Ausbildungsvergütung und finanzierte die benötigten Fachleistungsstunden. Das Jobcoach-Team war stellvertretend durch Sandra Ropers und Michael Pfingst für Christian Friede während der Ausbildung Schnittstelle zwischen allen Akteuren und begleitete und unterstützte ihn.
Und so startete Christian Friede am 1. August 2022 seine Ausbildung – und zu der gehörte neben der Praxis natürlich auch die Theorie. Heißt: Berufsschule. Die absolvierte er in Zeven, im ersten Lehrjahr an zwei Tagen die Woche, im zweiten und dritten Jahr einen Tag. Für Christian Friede, der zum Start der Ausbildung schon 17 Jahre raus aus der Schule war, ein schwerer Beginn. „Das erste halbe Jahr war sehr hart. Ich habe daran gedacht, aufzugeben“, gibt der 37-Jährige offen zu. Doch Unterstützung bekam er einmal wöchentlich von Sandra Ropers. Lernmethoden erarbeiten, Lerninhalte wiederholen und vertiefen, Klassenarbeiten und die Prüfung mit vorbereiten – nur einige der Punkte, die für sie gemeinsam mit Christian auf dem Zettel standen. Dazu Themen wie Stressbewältigung und -abbau, Stärkung der Merkfähigkeit, Prüfungsangst. „Dieser Leistungsbaustein des Budgets für Ausbildung resultiert aus dem besonderen Unterstützungsbedarf, den der Mensch mit Behinderungen während der Ausbildung am Ausbildungsplatz beziehungsweise in der Berufsschule hat und deshalb eine Begleitung benötigt. Da es Christians Budget für Ausbildung gewesen ist, über das er verfügen konnte, hat er die inhaltlichen Themen in Absprache mit dem Betrieb und der BBS formuliert und wir haben sie dann gemeinsam ungesetzt“, erklärt Sandra Ropers. Für Christian Friede ist klar: „Ohne diese Unterstützung durch das ganze Team hätte ich es nicht geschafft.“ Jobcoach Sandra Ropers, Ausbilder Roman Pinnisch, seinen ehemaligen Kollegen Marcel Klug und auch alle anderen Kolleginnen und Kollegen nennt er dabei ausdrücklich und sendet einen Dank in die Runde. Von Beginn an war Christian voll ins Team integriert.
Hygieneverordnung, Lebensmittelkunde, Zubereitungsarten, Service, aber auch Marketing, Mathe, Politik, Kaufverträge, Lohnabrechnung, Jugendschutzgesetz oder Einkaufsplanung – nur einige der vielen Lerninhalte. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten blieb Christian dran und biss sich durch. Und belohnte sich selbst mit dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung. Nicht nur die Theorie meisterte er – natürlich auch die Praxis. „Schweinebraten“, so lautete das Thema des Gerichts, was er für die Prüferinnen und Prüfer kochen musste. Die ließen sich das Essen nicht nur schmecken, auch bei der Zubereitung wurde über die Schulter geschaut.
1,75 – so lautete die Abschlussnote kombiniert aus Theorie und Praxis (Gesamtnote gut, 87 Gesamtpunkte). Und dann bei der Freisprechung der Auszubildenden des Hotel- und Gaststättengewerbes die Überraschung: Christian Friede wurde auf die Bühne gebeten und bekam die Auszeichnung als Jahrgangsbester in seinem Ausbildungsberuf überreicht. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet“, sagt er bescheiden und zeigt gerne seinen Pokal aus Glas. Vergeben wurde die Auszeichnung vom Handelshof, der übrigens durch Spenden die Ausbildungssparte Gastronomie in den drei Ausbildungsberufen unterstützt.
„Mit einem Förderschulabschluss ist er in die Ausbildung gestartet und hat nun quasi den Realschulabschluss in der Tasche“, erklärt Sandra Ropers, die sichtlich stolz ist auf Christian Friedes Werdegang und Entwicklung. Über das Budget für Arbeit wird sein Weg nun erst einmal beruflich weiterführen – und er hat damit den Vorteil, weiter vom Jobcoach-Team begleitet werden zu können. Bis Dezember bleibt er noch in der CAFESITObar. Doch erste Bewerbungen laufen bereits, denn Christian, der in Scheeßel wohnt, freut sich auf seine weitere berufliche Zukunft.
Übrigens war Christian Friede im Landkreis der Erste, für den das Budget für Ausbildung griff. Ein Stück Neuland also für alle Beteiligten. Sandra Ropers betont in diesem Zusammenhang gern die gute Zusammenarbeit mit dem Landkreis als Leistungsträger und allen anderen Akteuren. „Es hat alles super geklappt, es gab großes Interesse an Christians Ausbildung und wir haben Hand in Hand gearbeitet.“ Auch die Zusammenarbeit mit dem Beruflichen Bildungszentrum Kivian in Zeven sei sehr gut gewesen.
Eine tolle Geschichte – Christian, wir sind alle mächtig stolz auf Dich und sind sicher, dass Du auch Deine weitere berufliche und persönliche Zukunft meistern wirst!